Sehr geehrte Damen und Herren,
ich darf sie kurz in das Werk, bzw. eine
ganz bestimmte Technik im Werk von Steffi Schott einführen:
Steffi Schott arbeitet seit einigen Jahren
vorwiegend in einer ganz speziellen künstlerischen Technik. Es ist
die Enkaustik. Dabei handelt es sich um eine Malerei in Wachs mit sehr
langer Tradition. Denn die Enkaustik wurde bereits in der Antike entwickelt.
Wiewohl sie heute viel seltener angewandt wird als beispielsweise die klassische
Ölmalerei - fasziniert sie vor allem aufgrund ihrer starken Leuchtkraft.
In der Antike wurden bei der Enkaustik
Farbpigmente mit Bienenwachs gebunden, wobei man bis heute die genauen
Rezepturen der damaligen Künstler nicht kennt. Diese Farbemulsion
wurde jedenfalls auf Holztafeln mit heißem Spatel aufgetragen, bzw.
so wie es der antike Autor Plinius schildert, eingebrannt. Das griechische
Wort „enkauston“ bedeutet eingebrannt“. Die Enkaustik geriet im Laufe
der Zeit in Vergessenheit. Im Zuge der Wiederentdeckung der Antike in der
Renaissance diskutierte man über die Wiederbelebung der Enkaustik.
Und insbesondere mit den Ausgrabungen antiker Städte - wie Herculaneum
oder Pompeji im 18. Jh. - entdeckte man diese römischen, enkaustischen
Malereien neu.
Es begann im 18. Jh. ein Wettstreit um
die praktische Herstellung und Anwendung der Wachsmalerei - gestützt
auf die damaligen Forschungen der Archäologien. Von den italienischen
Malern Callani und Baldrighi weiß man, dass sie Öl und rohes
Bienenwachs als Malmittel verwendeten. Selten haben sich jedoch die Werke
oder Versuchsreihen aus dieser Zeit erhalten. Schade aus heutiger Sicht
ist vor allem, dass auch die Künstler des 18. Jh. ihre Rezepte für
sich behielten.
Ein großes enkaustisches Werk hinterließ
der aus Niederbayern stammende Andreas Nesselthaler (1748-1821). Er schuf
1790 für ein enkaustisches Kabinett in der Salzburger Residenz 56
Werke in Wachsmalerei. Bekanntermaßen arbeitete auch der englische
Maler Joshua Reynolds in einer Öl-Wachs-Mischtechnik. Der berühmte
französische Maler Eugène Delacroix malte in einer Kapelle
in der Pariser Kirche St. Sulpice ein Monumentalbild „Jakobs Kampf mit
dem Engel“ mit Öl und Wachs.
Wunderschöne enkaustische Werke aus
dem 19. Jh. können Sie in der Neuen Pinakothek in München bewundern.
Dort hängen in einem eigenen Saal griechische Landschaften von Carl
Rottmann, die er im Auftrag König Ludwigs I. für die Arkaden
des Münchner Hofgartens gemalt hat. Beispielsweise die Ebende von
Marathon. Diese Landschaftsbilder beeindrucken nicht zuletzt aufgrund ihrer
enormen Strahl- und Leuchtkraft.
Heutzutage ist die moderne Enkaustik vor
allem in den USA beliebt und von dort holt sich Steffi Schott auch immer
wieder Anregungen.
Angefangen hat sie jedoch mit Kohlezeichnungen
und Pastell, wobei sie sich anfangs ausschließlich mit dem menschlichen
Porträt befasst hat. Im November 1999 lernte sie jedoch durch Zufall
enkaustische Malereien kennen. Sie begann selbst mit Wachsstiften und Maleisen
zu experimentieren. Dabei muss man recht schnell arbeiten, das Wachs wird
auf das Maleisen aufgetragen und dann in einer speziellen Technik auf das
Papier aufgetragen. Hierbei entstanden und entstehen sehr fantasievolle
Werke wie dieser Kopf hier rechts. Es sind vielfach abstrakte Werke, die
Raum für die eigene Fantasie lassen. Ihre Technik hat Steffi Schott
immer weiter verfeinert und momentan reizt sie das Gegenständliche
mehr.
Sie nimmt Bienenwachs, das sie im Wasserbad
schmilzt und mischt dieses mit Farbpigmenten. Je mehr Pigmente man nimmt,
desto kräftiger und leuchtender werden die Farben. Mit einem Minispachtel,
dem sog. Pen, wird das Wachs aufgetragen. Wenn Sie näher an die Werke
herangehen, sehen Sie, dass sie sich aus vielen Pünktchen und einzelnen
Tupfen zusammensetzen. - Das Christusbild aus dem Jahr 2008 beispielsweise
besteht aus einer weiß grundierten Holztafel. Auf diese wurde mit
Pastell- oder Aquarellstift eine Vorzeichnung gemacht, dann flächig
mit der Spachtel und zuletzt mit dem Pen bearbeitet. Erst in diesem letzten
Arbeitsschritt erhält das Bild seine Struktur und die unterschiedlichen
Farbnuancen.
- Auf ein letztes Werk darf ich Sie hinweisen,
da es aufgrund seiner Farbigkeit und dem düsteren Eindruck auffällt
– es ist dieses hier mit dem Titel „Chaosgefühle im September“. Am
11. September 2001 hatte ein Künstlerkollege von Steffi Schott in
N.Y. eine Ausstellung gehabt und sie wusste nicht, ob ihm etwas passiert
sei. Um sich abzulenken hat sie zum Spachtel gegriffen und dabei ist dieses
Werk entstanden, das die Ungewissheit der Künstlerin wiedergibt. -
Ich hoffe, Ihnen einen kleinen Einblick in die Enkaustik gegeben zu haben
und wünsche Ihnen viel Freude beim Besuch der Ausstellung.
Dr. Alice Arnold-Becker
Museumsleiterin
Museum im Wittelsbacher Schloss
86316 Friedberg
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