Vernissage Archivgalerie Friedberg - 24.04.2009
 
 
 
 Vernissage in der Archivgalerie 
Friedberg vom 24.04.2009
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich darf sie kurz in das Werk, bzw. eine ganz bestimmte Technik im Werk von Steffi Schott einführen:
Steffi Schott arbeitet seit einigen Jahren vorwiegend in einer ganz speziellen künstlerischen Technik. Es ist die Enkaustik. Dabei handelt es sich um eine Malerei in Wachs mit sehr langer Tradition. Denn die Enkaustik wurde bereits in der Antike entwickelt. Wiewohl sie heute viel seltener angewandt wird als beispielsweise die klassische Ölmalerei - fasziniert sie vor allem aufgrund ihrer starken Leuchtkraft.

In der Antike wurden bei der Enkaustik Farbpigmente  mit Bienenwachs gebunden, wobei man bis heute die genauen Rezepturen der damaligen Künstler nicht kennt. Diese Farbemulsion wurde jedenfalls auf Holztafeln mit heißem Spatel aufgetragen, bzw. so wie es der antike Autor Plinius schildert, eingebrannt. Das griechische Wort „enkauston“ bedeutet  eingebrannt“. Die Enkaustik geriet im Laufe der Zeit in Vergessenheit. Im Zuge der Wiederentdeckung der Antike in der Renaissance diskutierte man über die Wiederbelebung der Enkaustik. Und insbesondere mit den Ausgrabungen antiker Städte - wie Herculaneum oder Pompeji im 18. Jh. - entdeckte man diese römischen, enkaustischen Malereien neu. 

Es begann im 18. Jh. ein Wettstreit um die praktische Herstellung und Anwendung der Wachsmalerei - gestützt auf die damaligen Forschungen der Archäologien. Von den italienischen Malern Callani und Baldrighi weiß man, dass sie Öl und rohes Bienenwachs als Malmittel verwendeten. Selten haben sich jedoch die Werke oder Versuchsreihen aus dieser Zeit erhalten. Schade aus heutiger Sicht ist vor allem, dass auch die Künstler des 18. Jh. ihre Rezepte für sich behielten. 

Ein großes enkaustisches Werk hinterließ der aus Niederbayern stammende Andreas Nesselthaler (1748-1821). Er schuf 1790 für ein enkaustisches Kabinett in der Salzburger Residenz 56 Werke in Wachsmalerei. Bekanntermaßen arbeitete auch der englische Maler Joshua Reynolds in einer Öl-Wachs-Mischtechnik. Der berühmte französische Maler Eugène Delacroix malte in einer Kapelle in der Pariser Kirche St. Sulpice ein Monumentalbild „Jakobs Kampf mit dem Engel“ mit Öl und Wachs. 
Wunderschöne enkaustische Werke aus dem 19. Jh. können Sie in der Neuen Pinakothek in München bewundern. Dort hängen in einem eigenen Saal griechische Landschaften von Carl Rottmann, die er im Auftrag König Ludwigs I. für die Arkaden des Münchner Hofgartens gemalt hat. Beispielsweise die Ebende von Marathon. Diese Landschaftsbilder beeindrucken nicht zuletzt aufgrund ihrer enormen Strahl- und Leuchtkraft.

Heutzutage ist die moderne Enkaustik vor allem in den USA beliebt und von dort holt sich Steffi Schott auch immer wieder Anregungen.
Angefangen hat sie jedoch mit Kohlezeichnungen und Pastell, wobei sie sich anfangs ausschließlich mit dem menschlichen Porträt befasst hat. Im November 1999 lernte sie jedoch durch Zufall enkaustische Malereien kennen. Sie begann selbst mit Wachsstiften und Maleisen zu experimentieren. Dabei muss man recht schnell arbeiten, das Wachs wird auf das Maleisen aufgetragen und dann in einer speziellen Technik auf das Papier aufgetragen. Hierbei entstanden und entstehen sehr fantasievolle Werke wie dieser Kopf hier rechts. Es sind vielfach abstrakte Werke, die Raum für die eigene Fantasie lassen. Ihre Technik hat Steffi Schott immer weiter verfeinert und momentan reizt sie das Gegenständliche mehr. 
Sie nimmt Bienenwachs, das sie im Wasserbad schmilzt und mischt dieses mit Farbpigmenten. Je mehr Pigmente man nimmt, desto kräftiger und leuchtender werden die Farben. Mit einem Minispachtel, dem sog. Pen, wird das Wachs aufgetragen. Wenn Sie näher an die Werke herangehen, sehen Sie, dass sie sich aus vielen Pünktchen und einzelnen Tupfen zusammensetzen. - Das Christusbild aus dem Jahr 2008 beispielsweise besteht aus einer weiß grundierten Holztafel. Auf diese wurde mit Pastell- oder Aquarellstift eine Vorzeichnung gemacht, dann flächig mit der Spachtel und zuletzt mit dem Pen bearbeitet. Erst in diesem letzten Arbeitsschritt erhält das Bild seine Struktur und die unterschiedlichen Farbnuancen. 
- Auf ein letztes Werk darf ich Sie hinweisen, da es aufgrund seiner Farbigkeit und dem düsteren Eindruck auffällt – es ist dieses hier mit dem Titel „Chaosgefühle im September“. Am 11. September 2001 hatte ein Künstlerkollege von Steffi Schott in N.Y. eine Ausstellung gehabt und sie wusste nicht, ob ihm etwas passiert sei. Um sich abzulenken hat sie zum Spachtel gegriffen und dabei ist dieses Werk entstanden, das die Ungewissheit der Künstlerin wiedergibt. - Ich hoffe, Ihnen einen kleinen Einblick in die Enkaustik gegeben zu haben und wünsche Ihnen viel Freude beim Besuch der Ausstellung.

Dr. Alice Arnold-Becker
Museumsleiterin
Museum im Wittelsbacher Schloss
86316 Friedberg

 

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